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Caring Communities

Wer von den Newsletter-Leser:innen kennt die Caring Community im Stubaital namens „zamm.wachsen“? Ich habe in Wien beim 3. Sorgesymposium von dieser lebendigen Initiative der Caritas erfahren. Neben unzähligen Caring Communities auf der Welt gibt es also inzwischen auch Projekte und Programme in Tirol, die sich als Caring Communities verstehen.

Caring Communities

Viele dieser Gemeinschaften und Netzwerke kennen vielleicht diesen Begriff dafür gar nicht und doch erfüllen sie die Kriterien für eine Caring Community. Genau deshalb ist es wichtig, darüber zu reden. Denn Caring ist die wesentliche gesellschaftliche Kraft, die gutes Leben zwischen Menschen ermöglicht und erleichtert, ein Antidot gegen Einsamkeit und Not, unerlässliche Zutat für einen guten Umgang mit dem Angewiesensein in der Kindheit, im Alter, in Krankheit und im Sterben.

Palliativbetreuung fragt: Wie und wo verbringen Menschen die letzte Zeit ihres Lebens? Wie und wo sterben sie? Die Antwort hängt davon ab, wie die Beziehungen dieser Menschen zu anderen Menschen sind, auf wen sie angewiesen sind, wie sie sich auf das Lebensende vorbereiten können, wie ihre Angehörigen darauf vorbereitet sind, lange bevor eine schwere Erkrankung das Lebensende absehbar macht. Es sind die sozialen Bedingungen, die bestimmen, wie Menschen sterben.

Um ein gutes Leben bis zuletzt zu ermöglichen, wirkt die Hospizbewegung in diesem Sinn in die Gesellschaft hinein und begibt sich aus der Komfortzone des „schönen Sterbens“ auch an Orte, wo das Sterben noch keinen Platz hat.

Es geht darum, unsere Gesellschaft zu einem Lebensort bis zuletzt zu gestalten.

 

Wie geht das? Eine Konferenz in Bern im Oktober (Public Health Palliative Care International)[1] und ein Symposium (Über Caring Communities zur Caring Society)[2] in Wien haben sich vor Kurzem diesen Fragen gewidmet.

Ich habe aus Bern und aus Wien viel mitgebracht. In ein paar Eckpunkten will ich hier höchst unvollständig etwas von dem teilen, was mir bewusst geworden ist und was ich erfahren habe:

  1. Jeder und jede hat Gelegenheit, an einer Caring Society mitzuwirken:
    * Zu Hause und in der Nachbarschaft: Im mitfühlenden und fürsorglichen Umgang miteinander in guten und schlechten Tagen
    * In der Arbeitswelt: auch dort braucht es Orte und Räume sowie eine Grundkompetenz des Umgangs mit Trauer und mit betreuenden Angehörigen
    * Im Kontakt mit Jugendlichen: 50% der Jugendlichen haben persönliche Erfahrungen mit Sterben, Tod und Trauer; das Wissen und den Umgang damit in die Schulen zu bringen und dort Raum dafür zu geben.
    * In Gesprächsräumen: dass Tod und Leiden nicht tabuisiert werden.
  2. Caring ist eine universelle Praxis. Ein afrikanischer Referent hat darauf hingewiesen, dass in Afrika im Begriff „Ubuntu“ dieses gute Miteinander im Angewiesensein verdichtet ist.
  3. Es gibt viele konkrete Ansätze und Projekte in Österreich und in vielen Ländern: z.B. die Care-Räte in Ostösterreich, die wie Bürgerräte organisiert sind und sich des Themas auf lokaler Ebene annehmen; das Programm „Demenzfreundliche Gemeinde“; community cooking von der Caritas; Palliative Care goes school in Vorarlberg, „Letzte-Hilfe-Kurse“, die Initiative „fair sorgen“ und unzählige andere. Das macht das Feld bunt und stimmt zuversichtlich, ist freilich unüberschaubar.
  4. Caring als gelebte Praxis ist gesellschaftlich zu würdigen und politisch zu fördern; von Care-Transformation, von Care-Revolution war die Rede.

End-of-life-Care, Hospice Care und Palliative Care können in einer Caring Society, einem fürsorglichen Umfeld gedeihen und in diesem ihren Beitrag leisten; wo es die Caring Community für einen Menschen nicht gibt, stellt Hospiz- und Palliativversorgung ein sorgendes Umfeld bereit, gestaltet Sorge-Räume. Eine gute Kultur der Sorge auf allen gesellschaftlichen Ebenen ist Primärprävention im besten Sinn für das Lebensende und deshalb auch Aufgabe von Palliative Care. Entwicklungsimpulse für Caring Communities gehen oft von Einrichtungen des Gesundheitswesens aus. Denn besonders am Lebensende, am Lebensanfang und in der Krankheit sind Menschen aufeinander angewiesen. Eine Vision wäre schließlich, dass in einer Caring Society auch Pflegeheime und Krankenhäuser Caring Communities sind: jede Einrichtung als ein Zahnrad, zum Wohle alter und kranker Menschen mit anderen Rädern in Bewegung.

Autorin: Elisabeth Medicus